Rückblick VDP.Weinbörsen Matinee

Deutschland hat nach fast fünfzig Jahren abermals ein neues Weingesetz bekommen. Es rückt den Herkunftsbezug in den Mittelpunkt, führt die Kategorien Orts- und Lagenweine ein und bietet der deutschen Weinwirtschaft die Möglichkeit, neue Wege zu gehen. Sie muss die Chancen nur ergreifen. -  Aus diesem Anlass luden die VDP.Prädikatsweingüter zur Weinbörsen Matinee nach Mainz, um das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.
Klasse statt Masse? Chancen und Risiken des neuen Weingesetzes

Steffen Christmann, Präsident der VDP.Prädikatsweingüter

„Mit dem neuen Weingesetz und der Verordnung ist ein erster wichtiger Schritt ist gemacht. Der deutsche Wein begibt sich auf den Weg zum Herkunftsprofil. Am Ende muss eine klare Profilierung der Anbaugebiete (geschützte Urspungsbezeichnungen) stehen. Dazu müssen die Kategorien Deutscher Wein und geschützte geographische Angabe belebt werden, um einfache Weine als solche auch eindeutig zu kennzeichnen.Ministerin Klöckner hatte wirklich keine leichte Aufgabe, da doch sehr viele Widerstände gegen jede Form von Veränderung  zu überwinden waren. In diesem Umfeld war es einen mutige Entscheidung für den deutschen Wein."

Zur gesamten Rede

Ansprache

Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft 

„Das Jahr 2020 war für die Winzerinnen und Winzer – wie für viele andere - ein echter Kraftakt: Weinfeste fielen aus, die Straußwirtschaften mussten monatelang schließen, und auch der Tourismus lag brach. Dennoch gibt es auch gute Nachrichten: Viele deutsche Weinregionen konnten ihren Wein trotzdem komplett verkaufen. Und: Der Jahrgang 2020 steht für eine hohe Qualität. Er braucht sich hinter den Spitzenjahrgängen 2018 und 2019 nicht zu verstecken. Und auch die Strafzölle der USA werden bis 2026 ausgesetzt – ein wichtiger Exportmarkt gerade für die rheinland-pfälzischen Winzerinnen und Winzer wird somit wiedergewonnen. Die Strafzölle in Höhe von 25 Prozent hatten im vergangenen Jahr zu einem Einbruch des Exports geführt. EU-weit sind die Exporte um 54 Prozent zurückgegangen, deutsche Weißweine wurden um circa 20 Prozent weniger in die USA verkauft. Diese Einigung ist sehr erfreulich.

Im Jahr 2020 stand ein großes Projekt im Mittelpunkt: Die Reform von Weinverordnung und Weingesetz. Mit dem Ergebnis können alle Beteiligten zufrieden sein. Besonders der Knackpunkt der Reform, die Etablierung der „Herkunftspyramide“ ist ein großer Erfolg. Damit wurde rechtlich fixiert, was schon vielerorts etabliert war. Ein Gewinn für die Verbraucherinnen und Verbraucher – und die Winzerinnen und Winzer. Damit wird eine klare Herkunftsprofilierung umgesetzt, die mit einem Blick auf das Etikett erkennbar ist."

Zur gesamten Rede

 

Die Geschichte der Weingesetzgebung in Deutschland

Dr. Daniel Deckers, Verantwortlicher Redakteur der FAZ & Lehrbeauftragter für Weinbaugeschichte an der Hochschule Geisenheim University

„Das Weinbezeichnungsrecht war seit dem ersten Weingesetz aus dem Jahr 1893 schon immer ein Feld, auf dem mit hohen Einsätzen gespielt wurde. Streitthemen waren etwa die Verwendung von Begriffen wie Originalabfüllung, Spätlese, Großlage und auch Naturwein.“

Das Verbot des Begriffs Naturwein durch das Weingesetz von 1969/71 war z.B. auch eine Folge der Verschiebung der Machtverhältnisse innerhalb des deutschen Weinbaus zugunsten der Genossenschaften und der Kellereien. Es diente der Durchsetzung eines neuen gesellschaftlichen Leitbildes auf dem Feld des Weinbaus: Nicht mehr die oftmals auf Privilegien und alten Besitzverhältnissen beruhende Herkunft sollte der Maßstab für die Weinbeurteilung sein, sondern die nach objektiven Kriterien zu bestimmende „Qualität im Glas“. Auch die Zurückhaltung der Politik bei Interessenkonflikten zwischen Weinbau- und Weinhandelsorganisationen führte zu fatalen Fehlentwicklungen. Indem man 1971 etwa die Festlegung von Großlagen und deren Benennung regionalen, gar lokalen Gremien überantwortet hatte, gab man denjenigen den Definitionsmacht, die auch real, auf dem Markt, am meisten Macht hatten.  

Bis heute aber spiegelt das Weinrecht nicht nur Machtverhältnisse auf der Seite der Produktion und der Distribution. Es reflektiert auch Dynamiken auf der Seite der natürlichen Voraussetzungen des Weinbaus und auch des Wandels des Zeitgeistes auf Seiten der Konsumenten.

Zum Schluss kommentierte Deckers den Austritt einiger Mitglieder aus dem Deutschen Weinbauverband vor dem Hintergrund des Austritts des VDP vor einer Generation und der zwischenzeitlichen Rückkehr mit einem Bonmot des SPD-Politikers Herbert Wehner:  „Wer rausgeht, muss auch wieder reinkommen“ (13. März 1975).

Zur gesamten Rede

Die gesamte VDP.Weinbörsen Matinee auf Youtube ansehen:

*Wir bitten um Entschuldigung: Aufgrund eines Technischen Problems wurde die deutsche Tonspur der Rede von Steffen Christmann  von Minute 1 – 17 nicht aufgezeichnet. Daher haben wir hier ebenfalls die englische Übersetzung eingefügt. Ab Minute 17 sind dann alle Reden auf Deutsch.