Ein halbes Jahrhundert auf (Börsen-)Kurs –
VDP feiert 50 Jahre Weinbörse in Mainz

Von Sonntag, 28., bis Montag, 29. April, lädt der Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) zur VDP.Weinbörse in die Rheingoldhalle nach Mainz ein. In diesem Jahr steht die international größte Fachmesse für deutsche Spitzenweine unter einem besonderen Stern. Denn 2024 markiert das 50. Jahr der Weinbörse. Erstmals sind 191 der 200 VDP.Mitglieder mit ihren neuen Jahrgangskollektionen vertreten. Erwartet werden über 3.000 Fachbesucherinnen und Besucher an den beiden Tagen. 


Welche Bedeutung die VDP.Weinbörse hat, zeigt sich auch an den diesjährigen Gästen. So wird nach der Jubiläumsansprache von VDP.Präsident Steffen Christmann und einem Grußwort des Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase, der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Cem Özdemir (Bündnis90/Die Grünen) die Veranstaltung eröffnen. Gerade im Hinblick auf das neue Deutsche Weingesetz, das seit den 1970er-Jahren besteht, in Teilen als veraltet gilt, und nun erstmals eine umfassende Novellierung erfährt, ist der Besuch Özdemirs bedeutend. Außerdem werden besondere Ehrengäste, Supporter und die wichtigsten Vertreter:innen der Weinwirtschaft sowie der internationalen Weinwelt, Teil der Börse sein, darunter z.B. die Trägerin der goldenen VDP.Ehrennadel Jancis Robinson.

Die Geschichte des VDP ist auch die Geschichte des deutschen Weins.

Das Jubiläum gibt Anlass, um einen Blick zurückzuwerfen, wie der VDP zur Entwicklung des deutschen Weins zurück an die Weltspitze maßgeblich beigetragen und sie vorangetrieben hat. Das zeigt ein filmischer Rückblick auf 50 Jahre VDP.Weinbörse:  Ein halbes Jahrhundert auf (Börsen-)Kurs: Vom Verein zum jährlichen Branchentreff.

 

Hier gelangen Sie zum Jubiläumstext von Dr. Daniel Deckers: Nabel der Weinwelt – Fragen über Fragen zum 50. Geburtstag der Mainzer Weinbörse

50 Jahre VDP.Weinbörse
Zusammenfassung: Von der eintägigen Verkaufsmesse zum international beachteten Event

Die VDP.Weinbörse, die heute aus dem Veranstaltungsreigen deutscher Spitzenweingüter nicht mehr wegzudenken ist, hat einen langen und teils harten Weg hinter sich. Seit Lippenstiftverboten für Frauen, weil an den Ständen immer nur ein Glas für alle zur Verfügung stand, elf Weingütern beim ersten Termin und Weinen, die nur schwer an das Niveau von heute heranreichten, hat sich einiges geändert, und die VDP.Weinbörse ist zu einer der wichtigsten Präsentationen deutscher Spitzenweine weltweit geworden. Sie zeigt die Gemeinschaft im Verband und das gemeinsame, ausgemachte Ziel der Mitglieder, sich als Produzent:innen für Spitzenwein zu positionieren. Dabei sind junge Weingüter und Neumitglieder ebenso vertreten, wie Zugpferde, die dem deutschen Wein das Renommee gebracht haben, das er heute hat. Die Weinbörse ist aber nicht nur Sprachrohr für VDP.Mitglieder, sondern auch ein Kompass für Strukturwandel und Weiterentwicklung

 

Das war nicht immer so: Blickt man zurück, hatte der deutsche Wein nach einer Hochphase mit internationaler Anerkennung am Anfang des 20. Jahrhunderts nach den beiden Weltkriegen einen schweren Stand. In den sechziger Jahren hatten die jährlichen Weinversteigerungen in den traditionellen „Qualitätsregionen“ Rheingau, Pfalz, Mosel-Saar-Ruwer und der rheinhessischen Rheinfront ihre wirtschaftliche Bedeutung verloren - sie vermarkteten ihre Weine fortan selbst. Das gelang zunächst mehr schlecht als recht, denn der deutsche Wein und insbesondere der vormals weltweit geschätzte Riesling, hatte in der Nachkriegszeit, durch önologische Kniffe, wie den Einsatz von Süßreserven zur Gefälligmachung von saurem Riesling und vielen schlechten Jahrgängen in den sechziger Jahren, einen eher bescheidenen Ruf. Das führte auch zu einem nachlassenden Zusammenhalt zwischen den Weinbaubetrieben. Der 1910 gegründete Verband Deutscher Naturweinversteigerer (VDNV), eine Vorgängerorganisation des VDP, die beispielsweise die Zuckerung von Weinen ablehnte und sich auf die „natürliche“ Weinbereitung beriefen, verlor zusehends an Bedeutung. Sogar seine Auflösung stand im Raum.

Ein neues Format musste her, das im Sinne des VDNV, die Qualität des Deutschen Weins wieder in den Vordergrund rücken sollte. Um die Auflösung des VDNV noch einmal abzuwenden, besuchte Peter von Weymarn vom Niersteiner Weingut Heyl zu Herrnsheim die Vorsitzenden mehrerer Regionalverbände, um sie davon zu überzeugen, an einer Kooperation festzuhalten und die Interessenvertretung der Spitzenweingüter in Deutschland beizubehalten. Aus diesem visionären Schritt ging letztlich der „Verband Deutscher Prädikatsweinversteigerer“ hervor. Neue Großveranstaltungen gab es allerdings vorerst keine. Sich zunächst auf die Region Rheinhessen konzentrierend, begann Weymarn mit Plänen für eine „Rheinhessische Rieslingbörse“, bei der die Mitglieder des Verbands die Chance bekommen sollten, sich zu präsentieren. Hieraus ging dann die 1974 erstmals veranstaltete Weinbörse in Mainz unter Beteiligung des VDP.Rheinhessen hervor, der dann schon als „Verband Deutscher Prädikatsweingüter“ auftrat.  Angeboten werden – so die Idee – sollten ausschließlich Erzeugerabfüllungen. Der Traubenadler, seit 1926 das Gütezeichen des VDP, sollte Vertrauen erwecken und ein Mindestqualitätsniveau garantieren.  Bei der Premiere im Mai 1974 nahmen elf Weingüter mit 105 Weinen und einer Gesamtmenge von rund 305.000 Flaschen teil. Einige der Weingüter statteten bei der Premiere ihre Flaschen mit einer Halsschleife aus, auf der „Mainzer Weinbörse“ zu lesen war – der spätere Titel der Veranstaltung.  

 

Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), der damals der Wirtschaftsförderer der Stadt Mainz war, sah gemeinsam mit Oberbürgermister Jockel Fuchs in der VDP.Veranstaltung eine Chance, Mainz in der öffentlichen Wahrnehmung noch mehr als Weinstadt zu verorten, was sich im Nachhinein als eine der besten kostenlosen Werbemaßnahmen erwiesen haben dürfte, die die Stadt kriegen konnte.  

 

Der Siegeszug der VDP.Weinbörse war seit ihrer Premiere nicht mehr aufzuhalten. In den Folgejahren kamen immer mehr Weingüter aus anderen VDP.Regionalvereinen hinzu. Außer den traditionellen Spitzenweinversteigerungen des VDP, gab es in Deutschland keine Veranstaltung, in der sich Weingüter aus (zunehmend) mehreren Regionen gleichzeitig einer Fachöffentlichkeit präsentieren konnten. Auch VDP-intern gab es keine Veranstaltungen, in denen die Weine der einzelnen Regionen vorgestellt wurden.  

Neben der Bedeutung für den Handel, denn die Weinbörse gibt einen Eindruck von Quantität und Qualität des Jahrgangs, wurde die Messe auch zu einem Seismografen für Trends, Schwierigkeiten und Krisen in der Weinbranche. So wurde die VDP.Weinbörse auch zunehmend zu einem Sprachrohr weinbaupolitischer Fragen, die die VDP.Präsidenten regelmäßig in ihrem Grußwort anbringen.

 

Mittlerweile ist die VDP.Weinbörse zu einer der wichtigsten Messen für die Weinwirtschaft im In- und Ausland avanciert, was ohne den VDP undenkbar wäre. Deshalb hat sich die Zahl der Weingüter, die sich an der Weinbörse beteiligen, auch erheblich verändert. Im Jubiläumsjahr 2024 stellen fast alle der 200 VDP.Mitglieder in Mainz aus.  

©VDP by Peter Bender