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VDP.Weingut
Lützkendorf

„DEN PERFEKTEN WEIN WIRD ES NIE GEBEN. ABER ICH VERSUCHE, IHM IMMER WIEDER EIN BISSCHEN NÄHERZUKOMMEN.“

UWE LÜTZKENDORF ÜBER SEINE WEINE UND SEIN WEINGUT IN BAD KOSEN

VDP: Was ist das Besondere an Ihrem Weingut?

Uwe Lützkendorf: Neben unseren Weinen sicher unsere Geschichte. Wir sind seit 1500 in der Gegend ansässig und gehören zu den ältesten Weingütern der Region. 1959 wurde unser Betrieb zwangsweise in eine LPG umgewandelt. Pünktlich zum Ende meines Studiums der Gärungs- und Getränketechnologie fiel 1990 die Mauer. Was dann passierte, kommt mir im Rückblick wie ein Traum vor.

Es folgten zwei Wanderjahre in Bingen und an der Hessischen Bergstraße, in denen ich mir meine praktischen Sporen verdiente, viele Erfahrungen sammelte und tolle Menschen kennenlernte. 1991 bekamen wir die Rebflächen zurück, allerdings in einem traurigen Zustand. Ich habe mich dann entschieden, unsere lange Familientradition wiederzubeleben und das Weingut neu zu gründen. Recht blauäugig bin ich darangegangen, den Betrieb wieder auf Vordermann zu bringen. Zum Glück unterstützte mich mein Vater, der ja langjähriger Kellermeister und Weinbauingenieur ist: Er ging in den Vorruhestand und hatte damit Zeit, mir zur Seite zu stehen.

Außerdem wurden wir als junger Betrieb vom VDP von Beginn an unterstützt – was damit zu tun hatte, dass wir von Anfang an kompromisslos auf Qualität setzten und schnell die ersten Weine Achtungserfolge einbrachten. In Saale-Unstrut waren wir das einzige Privatweingut, in Sachsen war es das Weingut Schloss Proschwitz von Georg Prinz zur Lippe, die der VDP förderte. Tatsächlich haben wir beide es auch geschafft,
schon 1995, also im Turbotempo, den Antrag auf Betriebsprüfung stellen zu dürfen. 1996 war es dann soweit: Im Weinhaus Huth am Berliner Potsdamer Platz wurden wir der Presse und dem Fernsehen als erste mitteldeutsche Betriebe vorgestellt, die in den VDP aufgenommen wurden. Und wir sind bis heute VDP.Mitglieder geblieben!
Unsere Weinberge gehören zu den Spitzenlagen der Weinbauregion. Einmal die Hohe Gräte, ein ehemaliger preußischer Musterweinberg, der von seinem Boden her, in dem sich Doppelquarzite und Fasergips finden, dem Burgund ähnelt. Und dann der frühere Kalksteinbruch, den wir nach dem Vorbild der ursprünglichen Geologie renaturiert und zu einem echten Biotop gemacht haben. Beide Weinberge bringen absolut unverwechselbare Weine hervor.

VDP: Was ist Ihre Weingutsphilosophie?

Uwe Lützkendorf: Naturnaher biologischer Weinbau. Ich verstehe mich eher als Traditionalist denn als Modernist. Wir gehen sehr schonend mit dem Weinberg und den Reben um, achten auf ein ökologisches Gleichgewicht und lesen erst sehr spät – natürlich mit der Hand. Nach der Lese behandeln wir die Weine sehr schonend, mit Maischestandzeiten, wenn möglich von 10-14 Stunden und Vorklärung nur durch
Sedimentation. Im Keller lege ich Wert auf sehr langen Hefekontakt, für gut strukturierte Weine mit langer Lagerfähigkeit. Die meisten unserer Weine kommen aus dem Stahltank; wir möchten den Holzfassausbau aber intensivieren.


VDP: Welchen Weinstil streben Sie an?

Uwe Lützendorf: Lagerfähige, facettenreiche, komplexe Weine. Schmeckbare Landschaften, das ist mein Ziel. Den perfekten Wein wird es zwar nie geben. Aber ich versuche, ihm immer wieder ein bisschen näherzukommen.


VDP: Welchen Ihrer Weine würden Sie jemandem empfehlen, der Ihr Weingut noch nicht kennt – sozusagen als Einstieg?

Uwe Lützkendorf: Dem sagen wir mal „unbeleckten“ Weinliebhaber würde ich unseren Gutedel empfehlen, um ihn langsam an unser Weingut heranzuführen. Wenn ich aber jemandem als „Fortgeschrittenem“ zeigen will, was Lützkendorfer Weine sind, schenke ich ihm einen Silvaner oder Weißburgunder ein.

HOHE GRÄTE
Silvaner GG
VDP.GROSSE LAGE®

VDP: Auf welchen Wein sind Sie ganz besonders stolz?

Uwe Lützkendorf: Auf das 2007er GG Riesling HOHE GRÄTE. Das ist der erste Wein, mit dem wir international bekannt wurden und in Singapur Goldplatin gewonnen haben!

„SCHMECKBARE LANDSCHAFTEN,
DAS IST MEIN ZIEL.“

VDP: Warum sind Sie Winzer geworden?

Uwe Lützkendorf: Eigentlich wollte ich Tierarzt werden. Trotzdem bin ich in die Fußstapfen der Familie getreten, mich faszinierten ja auch schon als kleiner Knirps die Abläufe und die Wohlgerüche beim Weinmachen. Wie viele Kollegen durfte ich dann die ersten Versuche mit 14, 15 Jahren im Weinballon unternehmen. Vermutlich ist es auch ein bisschen genetisch bedingt, dass wir Lütkendorfs weinaffin sind – 1346 hat der erste Lützkendorf in Weimar einen Weinberg gekauft!

VDP: Haben Sie Vorbilder, Mentoren?

Uwe Lützkendorf: Mein Vater ist mein größter Kritiker und Ratgeber. „Der Ursprung der Weinqualität liegt im Weinberg“ ist so ein Satz von ihm. Ich betrachte auch die früheren Generationen meiner Familie, die unsere Weinberge als Kulturerbe erhalten haben, als große Vorbilder – und als große Verpflichtung.


VDP: Was sind Ihre nächsten Ziele?

Uwe Lützkendorf: Neue Weinberge anlegen, den Ausbau im Holzfass erweitern, noch bessere Selektion im Weinberg erreichen.

VDP: Wie vereinen Sie Tradition und Innovation?

Uwe Lützkendorf: Traditionelle Gärverfahren im Keller, lange Hefelagerung, späte Abfüllung verbinden mit schonender Technisierung – ohne Verfahren einzusetzen, die dafür ausgelegt sind, Mainstreamweine zu machen. Also handwerklich gut gemachte Weine und Technik nur, wenn´s passt.


VDP: Warum sollte man Ihr Weingut noch besuchen?

Uwe Lützkendorf: Die Gegend um uns herum atmet 1000 Jahre Historie in allen möglichen Bereichen: Weinbau, Architektur, Kultur. Nehmen Sie nur den Naumburger Dom, der 2018 als UNESCO Weltkulturerbe ausgezeichnet wurde. Und dann die vielen Orchideen, das milde Klima. Viele nennen uns ja die „Toskana des Nordens!“